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1175 - - , Burg Gröditzberg.
Herzog Boleslaus I. von Schlesien nimmt das von ihm gegründete Zisterziemerkloster Leubus in seinen Schutz und bestätigt dessen Rechte und Besitzungen.
Or. Breslau St.A. Rep. 91 Nr. l (A).
Meinardus, Neumarkter Rechtsbuch Tafel 1; Mon. Pol. Pal. Tafel 10; Krupicka, Z. 70, 1936, S.69; Schilling Tafel 12 = Appelt, Zeitschrift "Schlesien" l/4, S.256; Teilfaks. bei Kêtrzyñski, Studja Tafel 8 u. 9. - Büsching Nr. 1; Schirrmacher, UB Stadt Liegnitz Nr. 2; Piekosiñski, Mon. medii aevi.dipl. Nr. 33; Kötzschke, Quellen2 Nr. 35; C. Bollmann, Die Säkularisation des Zisterzienserstiftes Leubus, Breslau 1932, S. 153 ff.; Schilling S. 72 ; Mal. l, Nr. 55 (zu 1175 März 25 - August 31). - SR 46; Smolka, Mieszko Stary S. 475 Nr. 34; Dobenecker 2, Nr. 502; Budkowa Nr. 74 (vgl. Nachtrag S. 144); CDS II/1, Nr. 29. Die berühmte Urkunde, die die erste Erwähnung deutscher Bauernsiedlung auf schlesischem Boden enthält, hat als einwandfreies Original zu gelten. Auf Grund des paläographisch-diplomatischen Befundes ist es ausgeschlossen, sie ins 13. Jahrhundert zu setzen, wie dies W. Schulte (Die Anfänge der. deutschen Kolonisation in Schlesien, in: Silesiaca, Festschrift f. C. Grünhagen, Breslau 1898, S. 35 ff.; Die villa Martini und die Unechtheit der Stiftungsurkunde für Leubus aus dem Jahre 1175, Z. 39, 1905, S. 279 ff.) und V. Seidel (Der Beginn der deutschen Besiedlung Schlesiens, DQ 17, Breslau 1913; Die deutsche Besiedlung Schlesiens im Mittelalter als Teil des deutschen Ostzuges, Jb. f. Kultur u. Geschichte d. Slaven NF. 9, 1933, S. 195 ff.; Zur Beurteilung der Leubuser Stiftungsurkunde von 1175, ASKG 3,1938, S. 20 ff.) mit methodisch unzulänglichen Mitteln versucht haben. Wie in vielen Fürstenurkunden jener Zeit sind auch hier die äußeren Merkmale der älteren Stauferdiplome nachgeahmt. Diesem Vorbild entstammt das Chrismon, das in keiner anderen Piastenurkunde belegt ist. Auch in Bres-lauer Bischofsurkunden begegnet es nur ein einziges Mal, gleichfalls für einen zisterziensischen Empfänger (SR 191; vgl. H. Allamoda, Beiträge zur Geschichte der äußeren Merkmale der ältesten Breslauer Bischofsurkunden bis zum Jahre 1319, Diss. Breslau 1934, S. 55 f.). Die Schrift ist eine zeitgerechte diplomatische Minuskel, was übrigens auch Schulte zugeben mußte ; sie steht der Urkunde Bischof Wichmanns von Naumburg für Pforta von 1153 Juni l (Dresden Landeshauptarchiv Pforta Nr. 61; UB Kloster Pforte l, Nr. 10) so nahe, daß Meinardus (Neumarkter Rechtsbuch S. 76) und Górka (Anfänge des Klosters Leubus S. 24) beide Stücke demselben Schreiber zusprachen. Wir möchten eher mit Krupicka (Die sogenannte Leubuser Stiftungsurkunde von 1175. Z. 70, S. 72 ff.) enge Schulvenvandtschaft annehmen. Es handelt sich also um eine Empfängerausfertigung aus der Feder eines älteren, aus Pforta nach Leubus abgewanderten Zisterziensermönches, dem es mitunter einige Mühe bereitete, den Buchstaben die Fahnen und Schlingen der diplomatischen Minuskel aufzusetzen. Diese "unorganischen" Züge der diplomatischen Minuskel finden sich in zahlreichen nicht von Kanzleihand herrührenden Urkunden der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts; sie dürfen nicht mit Seidel als Beweis für die Unechtheit angesehen werden.
Die beiden letzten, mit den Worten "Et alia manu" eingeleiteten Zeilen sind nach Abschluß der mit der Nennung der Handlungszeugen endenden Niederschrift des Leubuser Mönches auf dem engen, noch verbleibenden Raum in kleiner, dichtgedrängter Buchschrift hinzugefügt worden. Sie enthalten die Beurkundungszeugen, die Rekognition des herzoglichen Kanzlers, die Datierung und einen auf die Schenkung der villa Bogodani (Neuhof) bezüglichen Nachtrag. Mit Górka l. c. S. 26 ff. ist anzunehmen, daß diese vom Empfängerschreiber vielleicht ursprünglich nicht vorgesehenen Eintragungen Kon einer anderen Hand stammen als der Kontext; ob sie auf den Kanzler Hieronymus seihst oder auf einen in dessen Auftrag tätigen Schreiber zurückgehen, wissen wir nicht. Jedenfalls enceist die nachträgliche Hinzufügung der Beurkundungszeugen, der Rekognition und des Datums durch die Kanzlei eindeutig die Originalität unseres Stückes. Es kann sich nicht um eine Kopie oder um eine Neuausfertigung aus dem ausgehenden 12. Jahrhundert handeln, wie Kêtrzyñski, Studja S. 215 f., beziehungsweise Krupicka, l. c. S. 81 ff., angenommen haben.
Die Bedenken, die Kêtrzyñski. Schulte, Seidel und Semkowicz gegen die Echtheit des Siegels vorgebracht haben, sind gegenstandslos; vgl. Górka, l. c. S.48ff., Krupicka, 1. c. S. 84 ff. und dazu Nehmiz, Besiegelung der Herzogsurkunden passim, besonders S. 40. Es liegt auch kein Grund vor, mit Górka, Anfänge des Klosters Leubus S. 49 f. anzunehmen, die Besiegelung sei erheblich später als die Rekognition vorgenommen worden. Da das eng bis unten hin beschriebene Pergamentblatt für eine Plica keinen Raum bot, wurde der untere Rand der Urkunde mit einem circa 20 mm breiten Streifen südlichen Pergaments unterklebt; durch zwei Einschnitte des derart verstärkten Pergaments sind die roten, grünen und gelben Seidenschnüre hindurchgezogen. Diese eigentümlich Art der Siegelbefestigung erklärt sich zwanglos aus den besonderen Umständen, unter denen die Urkunde entstanden ist. Bei einer Fälschung des 13. Jahrhunderts wäre sie ebenso unverständlich wie bei einer Neuausfertigung. Formular und Stil entsprechen durchaus der Entstehungszeit. Über die Anwendung der Reimprosa und des Kursus vgl. Maleczyñski, KH 46, 1932, S. 31 ff, Der Wortlaut der Urkunde diente im 13. Jahrhundert den Zisterziensern von Lad als Vorlage für die Anfertigung zweier gefälschter Fassungen eines Gründungsprivilegs ihres Klosters von angeblich 114-5 (Budkowa Nr. 39 und 40). - Auch der Rechtsinhalt gibt keinen Anlaß zu Bedenken. Schidtes besitzgeschichtliche Fälschungsargumente konnte schon Meinardus entkräften. Daß die Ansiedlung deutscher Bauern auf Leubuser Besitz bis in die Epoche der Klostergründung zurückreicht, ist nicht zu bezweifeln; wie weit sie schon unter Boleslaus dem Langen gedeihen konnte, wird man freilich angesichts der Quellenlage wohl kaum je mit einiger Sicherheit sagen können. Jedenfalls ist das negative Urteil unbegründet, das Schulte, Seidel, Schilling und andere in dieser Frage gefällt haben. Daß das Prinzip ausschließlicher Grangienwirtschaft in der Praxis des zisterziensischen Wirtschaftslebens lange vor den mildernden Beschlüssen des Generalkapitels von 1215 durchbrochen war, ist bekannt; vgl. Appelt, Zeitschrift "Schlesien" 1/4, S. 251 ff. Da das Datum über Weisung des herzoglichen Kanzlers eingetragen wurde, ist es nicht notwendig, die bei den Zisterziensern vorherrschende Berechnung nach dem calculus Florentinus anzunehmen und die Urkunde in die Zeit zwischen 1175 März 25 und 1176 März 24 zu setzen, wie dies in der Literatur mehrfach geschehen ist. Die echte Fassung der Urkunde ist auch im ältesten Leubuser Kopialbuch (Breslau St. A. Rep. 135 D 205, fol. 18-19', nach 1251) überliefert. Spätere Nachrichten über eine ursprüngliche Niederlassung von Benediktinern in Leubus lassen sich mit dem Wortlaut der Gründungsurkunde kaum vereinen. Zur Identifizierung der Stifter und der Zeugen vgl. Moepert, Z. 73, S. 48 ff.
(C.) IN NOMINE SANCTÊ ET INDIVIDUÊ TRINITATIS. Bolezlaus dux Slesie universis Christi fidelibus tam futuris quam presentibus prosperitatem vitê presentis ut futurê. Quandoquidem velocitate dierum nostrorum transituri sumus, quemadmodum fugere solet umbra vel evanescere fumus, consultissimum constat animê salvandê providere, cuius vitam scimus in eternum permanere. Igitur pro dilectione domini nostri lesu Christi liberatoris animarum nostrarum et pro veneratione genitricis eius perpetuê virginis Mariê et pro interventu sancti Iacobi apostoli omniumque sanctorum dei monachos adductos de Portensi cenobio, quod est in Theotonia super Salam fluvium, collocavi in locum, qui dicitur Lubens et est in antiqui castri sinu super fluminis Odere fluenta, ut ibi in unitate et conmunione sanctê katholicê ecclesiê sancti Benedicti regulam atque Cisterciensis ordinis instituta teneant, in remedium animê meê et pro animabus progenitorum affiniumque meorum. Quaproter omnes attinentias cenobii Lubensis in nostra defensione comprehendimus et successoribus nostris per omne tempus defendendas conmittimus pro solo divine retributionis intuitu. Si qua igitur spiritualis persona secularisve potestas vel quisquam de suppanis vel aliis bonis bona aliqua Lubensi cenobio iusta traditione vel devota oblatione seu rata cambitione contulerit, inconcussa ei et illabata permaneant secundum apostolica privilegia, que data sunt ordini Cisterciensi, in quibus ei confirmatur integritas decimarum de terris suis et hominibus, iumentis et pecudibus. Quicumque vero Theotonici possessiones monasterii coluerint vel super eas habitaverint per abbatem in eis collocati, ab omni iure Polonico sine exceptione sint in perpetuum liberi. Si qui autem Poloni non pertinentes ad alicuius dominium fuerint abbatis coloni, non cogantur alii cuiquam aliquid solvere vel servicium aliquod exhibere. Porro tota possessio abbatis et monachorum solummodo erit atque dicetur, quia nobis assumpsimus eos non pro agricolis vel structoribus, sed pro litteratis divinorum celebratoribus celestiumque contemplatoribus. Iam vero subicitur possessionis descriptio: Lubens et attinentiê eius et termini circa Oderam videlicet ecclesia beati Hiohannis evangelistê, forum cum omni utilitate, transitus fluvii cum circumequitatione et omnibus in ea sitis, Bogonouwe cum sua circuitione et omnibus in ea sitis, Dobrogozesdorph cum sua circuitione et omnibus in ea sitis, capella et eius attinentia et taberna in Nabitin, Wiltsin, Godechendorph, villa Martini cum suis circuitionibus et omnibus, que sunt in eis, Craiouwe cum suo circumequitatu atque sitis in eo, ecclesia beati Petri in Wrezlawe et attinentiê. Nam Bezelinus comes tradidit ecclesiê duos boves et e[qu]um et villam iuxta Brozte ex toto cum agris. Nicor tradidit Sorauin cum agris et equabus XXV et bubus VI et tribus vaccis, cum taberna et ponte iuxt[a] Withaue. Tradidit etiam, quod habuit in Olbino et pomerium et curiam, pratum, agros et de lacu nonum piscem et redditum carnificii de trecentis denariis. Ecclesia beati Stephani in Bitom, attinentie eius tres villê, quarum una circuitione signata est, altera vocatur Werbenice, tercia Ubrezte, et redditio nona de omni usu ad urbem pertinente. Insuper ego et episcopus Wrezlawensis Cirrizlaus dotavimus ecclesiam Lubensem decimis omnibus de novis villis, que nunc sunt in potestate Legenicensi et de illis, que deinceps in ea in omni temporum successu constituentur. Confirmationis huius testes existunt Misico dux maximus et principes cum clero et populo Poloniê.
Et alia manu: Ego Bolezlauus filius Bolezlai interfui et assensi. Ego Zvvinezlaus, ego Hierozlaus, ego Cunradus, ego Nadsiovvi, ego Ianus, ego Ztreso, ego Petrich, ego Obezlaus, ego Damezlaus, ego Bertolfus, ego Bolenenus. Ego Hieronimus cancellarius recognovi. Data super castrum Grodiz, anno ab incarnatione domini MC°LXX°V°, indictione VIII, anno autem ordinationis Florentii abbatis primo, sub quo addita est villa Bogodani.
Naturfarbenes Wachssiegel Boleslaus des Langen an roten, grünen und gelben Seidenfäden, keine Plica; unterer Rand der Urkunde durch Unterkleben eines ca. 20 mm breiten Streifens südlichen Pergaments verstärkt. Wappenloses Standbildsiegel, rund, Durchmesser 36.6 mm ; Herzog in Waffenrock mit Panzerhaube und Spitzhelm, in der Rechten das erhobene Schwert, neben der angewinkelten Linken frei stehende Lanze mit viereckigem, gemustertem Fahnentuch. Umschrift: BOLEZLAVS. DVX. ZLE (Buchstaben zum Teil verkehrt oder spiegelbildlich). Vgl. Büsching, Urkunden Tafel 1; ders., Von schlesischen Siegeln, Breslau 1824, Tafel 1; Schultz S. 5 und Tafel l, Nr. l; K. Stronczyñski, Pomniki ksi±¿êce Piastów, Piotrków 1888, S. 166; Piekosiñski, Pieczêcie polskie Nr. 9; Gumowski, Hist. ¦l±ska 3, Tafel 85 Nr. 1; Krupicka Z. 70, S. 84 ff.; Nehmiz, Besiegelung der schlesischen Herzogsurkunden, passim.
Schlesisches Urkundenbuch, Herausgegeben von der Historischen Kommission für Schlesien, Zweiter Band: 1. Lieferung 971 - 1216, 1963; 2. Lieferung 1217 - 1230, 1968; 3. Lieferung Fälschungen und Register, 1971; Bearbeitet von Heinrich Appelt, Verlag Hermann Böhlaus Nachf., Wien-Köln-Graz
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